Wahre Geschichten: Die Kunst der Entscheidung I

Bild Frau träumend auf Couch

Die Kunst der Entscheidung I

Vor einiger Zeit rief mich eine Kollegin an. Sie bräuchte dringend jemanden, der ihr gute Fragen stellt. Sie stände kurz davor ein neues Auto zu kaufen. Das hörte sich erstmal sehr banal aber auch irgendwie interessant an. Die eigenen Mutmaßungen waren bei mir: Wahrscheinlich ist es ihr zu teuer. Oder es ist nur ein Kompromiss bezüglich der Ausstattung, die sie eigentlich haben wollte.

Als wir telefonierten, war ich dann allerdings überrascht: Die Ausstattung war genau die, die sie wollte. Der Preis war minimal teurer als ein ursprünglich vorgesehenes gebrauchtes Auto, was trotz Absprache und Reservierung für sie doch verkauft worden war. Der Neuwagen war dafür jetzt aber eben neu, mit Garantie und der Mehrpreis ließ sich durchaus über die Steuer kompensieren. Ich dachte mir: Was ist jetzt eigentlich das Problem? Was hadert sie? Was ist der Widerstand, der vielleicht völlig berechtigt ist? Ist sie getroffen, weil das reservierte Auto verkauft wurde und sie jetzt quasi ein Opfer war und sich bemitleidete? Ich stellte ihr verschiedene Fragen, bis wir schließlich an dem Punkt ankamen, dass sie das Gefühl hatte, dass ihr zum jetzigen Zeitpunkt in ihrer neuen Karriere noch kein neues Auto zustünde. Ein weiterer Punkt war, dass sie ein weiteres Gedankengerüst mit sich herumschleppte, dass ein Gebrauchtwagen sehr wohl am Straßenrand parken darf, ein Neuwagen aber eine Garage und Pflege braucht, was sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht erübrigen wollte oder konnte. Tief verborgen waren also Gedanken, Eigenbewertungen und versteckte Glaubensregeln, die sie davon abhielten, das neue Auto zu kaufen, und die vielleicht gar nicht mehr gültig waren.

Nachdem wir das herausgearbeitet hatten, was also ihre Entscheidung beeinflusste, konnten wir die Perspektive verändern. Wir klärten, ab wann denn ein Neuwagen für sie legitim wurde. Das Auto wurde plötzlich zum Sinnbild als erster Schritt in ihre neue Karriere. Ich stellte noch ein paar Fragen, aber dann unterbrach sie mich und sagte: „Danke, für mich ist jetzt alles ganz klar. Ich überlege gerade nur, ob ich jetzt noch gleich am Samstag hingehe oder am Montag.“ Plötzlich hatte alles seine Richtigkeit bekommen und die Entscheidung wurde ganz leicht. Keine zwei Stunden später erreichte mich die Nachricht: „Ich habe ein neues Auto gekauft!“

Mit welchen wichtigen Entscheidungen tun Sie sich gerade schwer?